Klein, Yves, genannt Le Monochrome * 28.4.1928 in Nizza † 6.6.1962 in Paris Der Sohn von Maler-Eltern holländisch-niceois-malayischer Herkunft war selbst ein malender Autodidakt. Er reiste zweimal um die Erde, gewann in Japan die höchsten Judo- Grade, hatte mehr als 30 Ausstellungen zwischen Tokio und Krefeld, Paris und New York; er sprach 1959 in der Sorbonne über »L'Évolution de l'Art vers l'Immatériel«, schrieb ästhetische Essays, drehte verschiedene Filme, entwarf eine neue Architektur, dekorierte ein Theater; er wollte, mystisch besessen, die Kunst entmaterialisieren und war Mitbegründer der neorealistischen Bewegung in Paris. Als 18jähriger hatte er in einer psychischen Krise begonnen, Judo zu erlernen und die mystische Kosmogonie der Rosenkreuzer zu studieren. Gleichzeitig machte er ohne malerische Absichten in Gouache und Pastell die ersten monochromen Versuche: Er wollte den blauen wolkenlosen Himmel der Côte d'Azur darstellen, in den er, am Strande liegend, eine »phantastische realistisch-imaginäre Reise« unternommen hatte. So fand er als ein Grundelement seiner Malerei die Monochromie, die sich vorwiegend in Blau äußerte. Für Yves Klein war das übliche Kunstbild, ob abstrakt oder figural, ein Fenster aus dem Gefängnis; doch dieser Blick allein genügte ihm nicht. Vielmehr versuchte Klein das darzustellen, was jenseits des Gefängnisses liegt und nicht mehr allein auf das Auge angewiesen ist. 1957 wurden die großen blau-monochromen Ausstellungen und Manifestationen in Mailand, Paris, Düsseldorf und London veranstaltet. »Blau«, sagte Klein, von Claudel ausgehend, »ist das Unsichtbare, sichtbar werdend«. Von hier aus erreichte er auf dem Weg zur Entmaterialisierung 1957 jene Periode, die man »pneumatisch« oder »leer« nennt: Sie wurde bestimmt durch leere Wände, unsichtbare Bilder und Luftarchitekturen - Projekte für die Gestaltung weiter geographischer Räume durch Klimatisierung und pneumatische Luftdächer. 1959 vollendete er in monochromem Blau für das Stadttheater in Gelsenkirchen sechs riesige Paneele. In Paris entwickelte Klein seine Anthropometrien, die dadurch entstehen, daß sich einzelne oder mehrere nackte blaugefärbte Mädchenkörper auf einer weißen Leinwand abdrucken; solche solennen Prozeduren fanden, musikalisch begleitet, oft vor geladenem Publikum statt. Es folgten die Kosmogonien; mit Hilfe atmosphärischer Einwirkungen von Regen, Wind und Staub entstanden Bilder auf einer sensibilisierten und strukturierten Oberfläche; diese wurde angegriffen und gestaltet durch mehrere tausend Grad Hitze in den Feuerbildern, die Klein in den Laboratorien im »Gaz de France« aus flammenden Röhren auf Asbestplatten brannte. Dadurch gelangte er zu den Feuerflammenplastiken, die 1961 in Krefeld gezeigt wurden; dann entstanden Planetarische Reliefs und Kosmogonische Reliefs, schließlich Dreidimensionale Anthropometrien - alles vehemente und schockierende Demonstrationen. Doch Kleins »Arbeitsweise war sehr still, sehr konzentriert, meditativ-explosiv«, wie Wember bemerkte. »Longue vie a l'Immatériel!« sprach Klein; ihm ging es um die Überwindung des Materiellen in der Kunst, um das »Indéfinissable« in Delacroix' Sinne: »Der blaue Luftraum ist bald nichts mehr als die Dimension der Tiefe. Es gibt ein reines Jenseits ohne einen Fuß im Diesseits. Zuerst das Nichts, dann ein tiefes Nichts, dann zuletzt eine blaue Tiefe«, bekannte Klein 1959 in der Sorbonne; und Restany schloß: »Dieser Realist war ein Mystiker der Zukunft«.