Kooning, Willem de * 24.4.1904 in Rotterdam Willem de Kooning gehört zur ersten Generation der amerikanischen »abstrakten Expressionisten«. Obwohl er nicht so bekannt ist wie Jackson Pollock, übt er doch einen ebenso großen Einfluß auf die jüngeren Maler aus. Mit zwölf Jahren kam Kooning zu einem Dekorationsmaler in die Lehre; daneben besuchte er bis 1924 Abendkurse an der Akademie in Rotterdam. 1926 verließ er Holland und wanderte in die Vereinigten Staaten aus. Dort arbeitete er zunächst als Dekorationsmaler, bis er 1935 im Rahmen des WPA Federal Art Project beschäftigt wurde. Seither widmet er seine ganze Energie der Malerei. In den 30er Jahren entwickelte sich eine enge Freundschaft zwischen Arshile Gorky und Kooning; später teilten sie ein Studio, wodurch sich eine gegenseitige Anregung und Beeinflussung ergab. Damals malte Kooning abstrakte Bilder mit Anklängen an Miró und die Surrealisten sowie realistische Porträts. Seine Bildnisse wurden im folgenden immer verzerrter, vor allem in einer Serie von Frauendarstellungen. Mitte der 40er Jahre bildete sich ein abstrakt expressiver Stil heraus. Das Charakteristische dieser Bilder ist ein Netz organischer Formen, die durch dünne schwarze tropfende Linien miteinander verbunden sind. Zwischen 1946 und 1948 verwertete er dieses Motiv in einer Reihe von Schwarzweißgemälden. 1948 griff er wieder zur Farbe; doch machte er davon nur sparsam Gebrauch, wie das 1948-49 entstandene Bild Ashville (Washington) zeigt, wo die komplizierten Überschneidungen von Formen und Linien eine dynamische räumliche Spannung erzeugen. Die bekannteste Leistung Koonings ist seine Serie von Frauenbildnissen. Am Frauenbildnis I arbeitete er von 1950 bis 1952. Als es schließlich, nachdem er es wiederholt von der Leinwand geschabt und neu begonnen hatte, vollendet war, diente es ihm als Ausgang für eine Serie, an der er bis 1955 arbeitete. Durch die Art, wie er die Farbe in einem wirren Durcheinander von Pinsel- und Spachtelstrichen auf die Leinwand wirft, wirken diese Frauen bösartig und furchterregend: Die meisten grinsen wie Irre; ihre Körper sind brutal bis fast zur Unkenntlichkeit verzerrt. 1957 begann Kooning in einer einfacheren Manier mit dünneren und helleren Farben zu malen. Diese Bilder erinnern in ihrem Aufbau an Franz Kline - einige richtunggebende Pinselstriche bilden das Gerüst. Arbeitstempo und Pinselführung werden dadurch noch deutlicher sichtbar als zuvor; der Schwung der Hand und der Wurf der Farbe verraten hinter dem Malprozeß die blanke Gewalt. Werkauswahl: ¤ Ashville, 1948-49, Leinwand, 65×81 cm. Washington (d. C.), Phillips Collection. ¤ Frau und Fahrrad, 1952-53, Leinwand, 194×124 cm. New York, Whitney Museum. ¤ Frauenbildnis I, 1950-52, Leinwand, 193×147 cm. New York, Museum of Modern Art. ¤ Frauenbildnis II, 1957, Leinwand, 150×109 cm. New York, Museum of Modern Art. ¤ Gemälde, 1948, Weißlack und Öl auf Leinwand, 108×142 cm. New York, Museum of Modern Art. ¤ Gotham News, 1955, Leinwand, 200×300 cm. Buffalo (New York), Albright-Knox Art Gallery, Schenkung Seymour H. Knox. ¤ Komposition, 1955, Leinwand, 201×175 cm. New York, Solomon R. Guggenheim Museum. ¤ Ostermontag, 1956, Collage auf Leinwand, 244×188 cm. New York, Metropolitan Museum of Art. ¤ Vorstadt von Havanna, 1958, Leinwand, 203×178 cm. Brüssel, Slg. Ph. Dotremont. Literaturhinweis: H. ROSENBERG »The Anxious Object«, New York 1964. W. HAFTMANN »Malerei im 20. Jahrhundert«, München 19623, S. 562 ff., 636. TH. B. HESS »Willem de Kooning«, New York 1959. P. SELZ »New Images of Man«, New York 1959. »Kooning, William de« in H. VOLLMER »Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts« III, Leipzig 1956, S. 97. M. SEUPHOR »L'Art abstrait: ses origines, ses premiers maîtres«, Paris 1949.